FederMädchen
Keiner von ihnen hatte
ihren Aufbau miterlebt. Die Brooklyn Bridge war von beginn an da.
Immer wieder war sie der Treffpunkt für Selbstmörder. Jedes Jahr
stürzen sich hier Menschen in den Tod. Einige von ihnen weil sie
nicht nüchtern waren, andere weil sie in ihrem Leben keinen Sinn
sahen und andere aus Liebeskummer. Die meisten gebrochenen Herzen
starben hier erneut. Diesmal endgültig. Niemand verstand weshalb
genau, aber es waren auch genug, die es verstanden. Elli verstand es
nicht. Von genau dieser Brücke war ihre beste Freundin Zoey vor
einer Woche gesprungen. Sie kann Zoey's Tod nicht glauben. Ein
schlechter Scherz, genau das dachte sie. Ausgerechnet ihre beste
Freundin hätte das tun sollen ? Dafür gab es doch keinen Grund.
Wenn man Zoey sah, nahm man sie als offenes, glückliches Mädchen
wahr. Probleme hinter der Fassade sah man nie. Natürlich gab es auch
Tage, an denen sie traurig war. Zum Beispiel als ihr Hamster starb,
oder wenn sie eine schlechte Note bekam, aber nie ein Problem, was
zum Selbstmord führen könnte. Es war schrecklich für Elli
akzeptieren zu müssen, dass sie nun ohne ihre beste Freundin leben
müsse. Sie suchte Gründe, Erklärungen, Hinweise. Irgendetwas hat
Zoey doch hinterlassen müssen, was erklärt weswegen sie Elli hat
alleine gelassen. Seit einer Woche ist schlafen fast unmöglich. Sie
putscht sich mit Kaffee immer wieder wach. Zu wichtig ist ihr das
finden von einer Erklärung. Immer wieder kehrt sie an den Ort
zurück. Der Ort, an dem Zoey ging. Längst kommen keine Tränen
mehr, sie ist leer geweint. Die Leere in ihr ist inzwischen so groß,
wie ein Medizinball. Sie streift durch die Straßen auf dem Weg zur
Brücke. Unterwegs begegnen ihr die unterschiedlichsten Menschen.
Glückliche Paare, ältere Menschen mit ihren Hunden, Mütter die
leicht gereizt wirken, lachende Kinder, aber auch traurige Menschen.
Ob die wohl genau das selbe durch machen, fragt sich Elli. Eine
Antwort wird Elli nicht bekommen, deshalb versucht sie nicht weiter
darüber nachzudenken. Sie kommt an Bäckereien und Kneipen vorbei.
Immer wieder hört sie die Menschen lachen, riecht leckeres Essen
oder Gläser die aneinander stoßen. Elli denkt zurück. Als sie und
Zoey das letzte mal etwas miteinander unternommen haben, waren sie im
Kino. Es gab viel zu lachen, denn sie waren in einer Komödie. Danach
waren sie noch Pizza essen. Alles war wie immer. Hätte Elli gewusst,
dass sie ihre Freundin nie wieder in den Armen halten wird, hätte
sie Zoey beim Abschied nicht losgelassen. Zoey's letzte Worte an dem
Abend waren, dass sie Elli liebt. Man dachte nicht, dass das der
Abschied für immer war. Elli kehrt zurück zu der Jetzt- Zeit. Zu
weh tut der Gedanke. Immer wieder sieht sie ihre beste Freundin vor
sich. Kurz vor der Brücke hält Elli an. Noch einmal atmet sie tief
ein und aus. Ein letztes mal schließt sie die Augen, dann betritt
sie die Brücke. Vorsichtig läuft sie in Richtung Mitte. Fuß vor
Fuß. Dann stellt sie sich an das Geländer und blickt hinunter. Das
Wasser und die Höhe machen ihr ein wenig Angst. Einen Augenblick
muss sie die Augen schließen. Dann öffnet sie sie wieder. Immer
noch steht sie an dem Geländer was sie vor dem herabstürzen
schützt. Hinter ihr fahren die Autos vorbei, einige Hupen, andere
hören sehr laut Musik. Auf einmal hört sie etwas, was die Geräusche
stört und überhaupt nicht passt. Ein Rufen. Es wird immer
deutlicher. Immer wieder ertönt der Satz ' Du darfst nicht
springen'. Bevor Elli groß drüber nachdenken kann, wird sie zu
Boden gerissen. Ein junger Mann liegt auf ihr. Total Starr vor
Schreck rührt sie sich nicht. Der junge Mann ist inzwischen wieder
aufgestanden und hält ihr die Hand hin. Völlig perplex greift sie
danach. Sie rappelt sich hoch. ' Entschuldige, hast du dir weh
getan?' Immer noch wie in Trance starrt Elli ihn an. Dann schaut sie
an sich herunter. 'Nein, Nein, ist alles noch dran'. Langsam beginnt
Elli zu realisieren was soeben passiert ist. Jemand hat sie zu Boden
gerissen, weil er dachte sie wolle springen. Er schaut sie an. Es
sieht fast nach starren aus. Ein unwohles Gefühl macht sich in ihr
breit. Sie schaut ihn noch einmal an und läuft weg. Einfach weg von
hier. Ihr Blick ist geradeaus gerichtet. Die Welt um sie herum zieht
an ihr vorbei. Kurz vor dem Haus in dem sie wohnt macht sie halt. Mit
hochrotem Kopf und völlig außer Atmen, steht sie wenige Minuten
später in der Diele. Man hört ihre Mutter in der Küche hantieren.
Laute Schreie von ihrem Vater kommen aus dem Wohnzimmer. Elli
schleicht sich zur Tür. Vorsichtig blickt sie durch die Tür.
Erleichtert stellt sie fest, dass ihr Vater nur Fußball schaut. Seit
dem Selbstmord sieht sie überall nur Gefahren. Sie geht in die Küche
um ihrer Mutter Bescheid zu sagen, dass sie wieder da ist. Ein kurzes
okay von ihrer Mutter und sie verschwindet in ihrem Zimmer. Das Leben
geht einfach weiter. Alle versuchen so zu tun, als hätte es den Tod
von Zoey nicht gegeben. Damals haben ihre Eltern stundenlang an ihrem
Bett gesessen und versucht sie zu trösten. Inzwischen machen sie
einfach weiter. Auf Elli achten sie nicht mehr wirklich, da sie sich
die meiste Zeit in ihrem Zimmer verkriecht. Die meiste Zeit hört man
aus ihrem Zimmer laute Musik. Was Elli genau macht, wissen sie nicht.
Die Rollläden sind heruntergelassen. Der Vorhang ist zugezogen und
sie sitzt vor ihrem Bett auf dem Boden. Die Arme sind um ihre Beine
geschlungen. Langsam schaukelt sie sich und ihren Körper vor und
zurück. Tagelang macht sie das. Traurigkeit und leere bestimmen
ihren Alltag. Sie kann nicht anders. Ein kurzes Aufblitzen, schon ist
es wieder dunkel. Es ist fast gespenstisch. Glück und Freude spürt
sie schon lange nicht mehr. Was niemand weiß ist, dass sie sich für
den Tod verantwortlich macht. Zum größten Teil gibt sie sich die
Schuld an dem Tod ihrer besten Freundin. Jeden Tag grübelt sie
darüber. Sie hätte Zoey aufhalten können. Wenn sie sie nicht
einfach hätte gehen lassen, wäre sie jetzt noch am Leben. Aus dem
Radio ertönt Casper. Weiß nun, jede Sekunde könnte die letzte
sein... Lass Tränen laufen.... Einer der Sterne da leuchtet nur für
dich... Da sind sie wieder. Tränen. Sie kann sie nicht mehr zurück
halten. Zoey kommt nie wieder. Nie wieder würden sie zusammen lachen
können, Pizza essen, ins Kino gehen, eine Übernachtungsparty machen
oder über Jungs reden. In die Schule will sie erst recht nicht mehr
ohne Zoey. Wie lange ihre Eltern dieses Verhalten noch mitmachen,
weiß Sie nicht, aber es ist ihr auch egal. Nie wieder würde sie
etwas ohne ihre beste Freundin machen. Einige Monate hält diese
Situationen noch an, als Elli's Eltern plötzlich der Kragen platzt.
Sie stellen Elli vor die Wahl. Entweder würde sie wieder in die
Schule gehen, oder sie wird in eine Klinik eingewiesen. Weder auf das
eine noch auf das andere hat Elli Lust, da sie aber noch weniger Lust
hat in eine Klinik zu müssen, stellt sie sich ihrem Schicksal und
geht wieder in die Schule. Als sie Montags in die Schule geht,
bekommt sie Bauchschmerzen. Es ist der erste Tag ohne Zoey. Viel
verändert hat sich in den Monaten nicht. Die Kleinen rennen über
den Schulhof und ärgern sich gegenseitig. Viele Mädchen stehen in
einem Kreis und lästern über alles und jeden. Und die Jungs spielen
mit einer Blechdose Fußball. Alles scheint wie immer, wäre da nicht
diese immer noch schreckliche Leere in ihr. Nein, es ist nichts wie
immer. Elli fühlt sich alleine. Jeder aus der Klasse sieht sie mit
einem Mitleidigen Blick an. Manche kommen sogar zu ihr und sprechen
ihr Beileid aus. Die Lehrer schenken ihr einen Mitleidigen Blick und
lassen sie sonst in Ruhe. Für Elli scheint alles eine Ewigkeit zu
dauern. Die Welt dreht sich weiter, die Lehrer ziehen ihren Stoff
durch, die Schüler lachen über Witze und das Gedränge am Kiosk
wird nicht weniger. Als würde die Schulzeit nie vorbei gehen. Es hat
inzwischen angefangen zu regnen. Passend zu ihrer Stimmung fand Elli.
Endlich ertönt die Schulklingel. Der erste Tag wäre geschafft.
Jetzt kann sie wieder nach Hause und sich in ihrem Zimmer
verkriechen. Daheim angekommen dreht sie die Musik wieder laut. Auf
einmal ist Stille. Man hört nichts mehr. Die Musik verstummt, wie
als hätte jemand das Kabel raus gezogen. Ein spitzer Aufschrei,
rumpeln und dann steht sie im Türrahmen. ' Seid ihr eigentlich
komplett bescheuert, ihr habt doch nicht mehr alle Tassen im Schrank.
Beschäftigt euch mit eurem Leben und lasst mich in ruhe. Ich hasse
euch!' Ihre Eltern hatten die Sicherung raus gedreht. In diesem
Moment hasste Elli ihre Eltern wirklich. Sie hatten kein Verständnis
mehr für die Trauer ihrer Tochter. Das man so lange um einen
Menschen trauern kann verstanden sie nicht. Elli rannte aus dem Haus.
Wohin wusste sie erst, als sie davor stand. Sie stand vor dem Grab
ihrer besten Freundin. So war es schon immer. Wenn sie etwas auf dem
Herzen hatte oder traurig war, ging sie zu Zoey. Egal ob tot oder
lebendig. Zoey war immer da und hörte ihr zu. Es war die perfekte
Freundschaft wenn man es so wollte. Aber nun gab es diese
Freundschaft nicht mehr. Elli war alleine. Von ihrer besten Freundin
wurde sie alleine gelassen. Sie muss ihr Leben nun ohne Zoey leben.
Momentan allerdings schafft sie es nicht mal ohne sie in die Schule.
Alles scheint so leer, so sinnlos ohne ihre beste Freundin. Nun steht
sie hier vor dem Grab von dem Menschen der von Beginn an immer für
sie da war. 'Ach Zoey. Wieso hast du das getan ? Niemand versteht was
der Grund war und verstehe es am allerwenigsten. Wir hatten so viel
vor. Gemeinsam ausziehen. Eine Wohngemeinschaft gründen. Du warst
meine beste Freundin. Egal was war, ich konnte immer zu dir kommen.
Unsere Vertrauensverhältnis war doch unendlich. Warum bist du nicht
zu mir gekommen und hast mir gesagt was dich beschäftigt ? Der
Selbstmord hätte doch nicht sein müssen. Wir hätten es gemeinsam
geschafft. So wie alles andere auch, hätten wir auch diese Hürde
geschafft. Lieber lässt du mich hier mit allem alleine. Du bist
gegangen, ohne mir einen Grund zu nennen. Ich bin dir nicht einmal
ein Brief wert. Alles hätte ich verstanden, aber zu gehen, ohne mir
was zu hinterlassen, dass verstehe ich nicht.' Elli konnte nicht
mehr. Es war zu viel. Der Weg nach Hause schien wie ein Marathonlauf.
Jeder Gedanke an daheim machte ihr wieder zu schaffen. Ihre Eltern
verstanden sie sowieso nicht. Niemand verstand sie. Hätte ihr jemand
vor einigen Wochen gesagt, dass ihr Leben einen solchen Riss bekommen
würde, hätte sie der Person den Vogel gezeigt, aber jetzt. Alles
war verändert. Die Farbe der Bäume, die Menschen, die Vorgärten
von den Häusern, aber am allermeisten hatte sich das Leben von
Zoey's Eltern und das Leben von Elli verändert. Ziellos durchstreift
sie durch die Straßen. Nach Hause will sie noch nicht. Verständnis
bekommt sie eh nicht. Sie flüchtet sich in ein Jugendzentrum. Dort
verkriecht sie sich in der hintersten Ecke. Fürchterlich beginnt sie
dort zu weinen. -DIE LEERZEILEN SIND FÜR MICH, DA ICH HIER NOCH EINIGES EINBAUEN MÖCHTE (:-
Daheim angekommen will
sie sich gerade nach oben schleichen, als ihre Eltern aus dem
Wohnzimmer ihren Namen rufen. Langsam und den Blick nach unten
gerichtet schleppt sie sich ins Wohnzimmer. Dort erwarten sie zwei
Polizisten. 'Elisabeth Grevenbrau', fragten sie Elli. Diese Frage
konnte Elli ja nur bejahen. ' Wir hätten einige Fragen an dich zu
Zoey. Wäre das in Ordnung für dich ?' Elli dachte kurz nach. Sie
hatte Angst. Was wenn sie nicht auf alle Fragen antworten kann. '
Natürlich.' Die Polizisten blicken sich kurz an und dann geht die
Fragerei los. ' Wir haben Briefe von Zoey an dich gefunden. Wusstest
du von ihnen ? Du gehst öfter mal zu der Brücke, wieso ?' Elli's
Kopf tat weh. Zoey hatte ihr doch einen Brief geschrieben. Aber warum
wurde er erst jetzt gefunden ? Wieso musste sie einfach jeder immer
wieder an Zoey erinnern. Ihr Tod ist jetzt schon Ewigkeiten her und
immer noch können sie Elli nicht in Ruhe lassen. ' Elisabeth ? Weißt
du etwas darüber?' Eine Antwort. Die Polizisten wollten eine
Antwort. Sie wusste keine. Was hätte sie sagen sollen ? Monatelang
dachte sie Zoey wäre gegangen ohne ihr einen Brief mit Erklärungen
zu schreiben. ' Wann bekomme ich die Briefe zu lesen ?' Erstaunt
blickten ihre Eltern und die Polizisten sie an. Erst bekommen sie
keine Antwort und dann diese Frage. ' Es wird noch einige Zeit
dauern, bis wir dir die Briefe geben können, aber vielleicht haben
wir Glück und du bekommst sie schon nächste Woche.' Nächste Woche.
Immer wieder lief dieser eine Gedanke ab. Es wird noch eine qualvolle
Woche dauern. ' Darf ich auf mein Zimmer?' Ihre Eltern blicken sie an
und nicken dann. Schnell verabschiedet Elli sich von den Polizisten,
dann rennt sie in ihr Zimmer hoch. Wieder beginnt das ganze Spiel von
vorne. Laute Musik, Dunkelheit im Zimmer und das vor und zurück
wippen auf dem Boden. Total verzweifelt beginnen ihre Eltern über
Urlaub, oder sogar einen Umzug nachzudenken. Nach langem Nachdenken,
reden und rechnen, kommen ihre Eltern zu dem Entschluss erst mal
Urlaub zu machen, bevor sie etwas größeres in Angriff nehmen. '
Elli wir fahren morgen weg. Packst du bitte deine Sachen zusammen?'
Elli horcht auf. Wegfahren ? Sie sind seit Ewigkeiten nicht mehr
weggefahren. ' Wir können nicht wegfahren. Die Polizei hat gesagt
nächste Woche kommen die Briefe von Zoey. Ich will das auf keinen
Fall verpassen.' Kurze Stille, dann steht ihr Vater in der Tür. '
Elli du packst jetzt. Keine Widerrede! Wir haben uns dieses Theater
viel zu lange angeschaut. Die Briefe laufen nicht davon. Also pack
jetzt!' Elli's Mund stand offen. So hatte ihr Vater noch nie mit ihr
geredet. Anscheinend hatte sie es diesmal echt übertrieben. Ruhig
und mit völliger Unlust packt sie ihre Sache. Sie weiß noch nicht
einmal wohin es geht. In dieser Nacht schläft sie schrecklich
unruhig. Zu groß ist ihre Angst, dass sie nie wieder hierher zurück
kommen wird. Am Morgen wacht sie völlig übermüdet auf. Während
sie aus dem Bett steigt, packen ihre Eltern bereits alles ins Auto.
Elli springt unter die Dusche. Das Wasser prasselt auf ihren Kopf
hinunter. Wieder kommen ihr die Gedanken an Zoey. All das Wasser.
Zoey ist hinein gesprungen. Sie ist ertrunken. Gestorben in einem
riesen Fluss. Voller Panik macht sie das Wasser aus. Ihr ganzer
Körper zittert. Wieso kann sie den Gedanken nicht einmal beim
Duschen beiseite schieben. Nie konnte sie an was schönes denken.
Überall sieht sie nur schlechtes. Selbst bei ihren Eltern vermutet
sie nur schlimmes hinter ihrem Handeln. Ihre Eltern fahren mit ihr
lange Strecken. Bis zur Nordsee soll der Trip gehen. Elli war noch
nie dort und wenn sie ehrlich war, hatte sie auch nie darüber
nachgedacht mal dorthin zu fahren. Während der ganzen Fahrt redete
sie kein Wort mit ihren Eltern. Zu tief saß der Schmerz, dass sie
mit Elli einfach wegfahren, obwohl die Briefe bald kamen. Für Elli
war es das schlimmste was sie ihr hätten antun können. Seit Monaten
hofft sei auf eine Erklärung und jetzt wo sie eine bekommen würde,
ließen ihre Eltern es nicht zu. Unterwegs redete Elli kein Wort mit
ihren Eltern. Sie war immer noch sauer. So schnell würde sie es
ihnen nicht verzeihen. Der Ipod war auf voller Lautstärke und in
Elli's Ohren dröhnte Musik. Abwechselnd sangen Casper und Prinz Pi.
Beide Sänger bewunderte sie von ganzem Herzen. Alle Texte sprachen
genau das aus was sie fühlt. Manchmal wünscht sie sich das einer
der beiden ihr Vater ist. Sie würden sie verstehen. Nicht so wie ihr
Vater der kein Verständnis hat. Schon nach knapp 3 Stunden Fahrt
machen sie eine kurze Pause. Ihre Eltern steigen aus gehen aufs Klo
und holen noch ein wenig Proviant. Elli bleibt demonstrativ im Auto
sitzen und starrt aus dem Fenster. In diesem Moment verliert sie sich
völlig in der Musik. Es scheint, als würde es nur sie und die
beiden Sänger geben. Nichts um sie herum nahm sie wahr. Auf einmal
war Elli weg. Nicht wortwörtlich, sondern mit ihren Gedanken weg.
Elli träumt. Es war Sommer. Elli und Zoey lagen zusammen am Strand
von Miami. Die Sonne schien auf sie herunter und das Wasser hatte
eine angenehme Temperatur. Beide Mädchen lagen auf ihren
Strandtücher, als ein Ball angeflogen kommt. Erschreckt schauen
beide hoch. Zwei Jungs kommen zu ihnen gerannt. Sie entschuldigen
sich und fragen ob die beiden Mädchen mitspielen wollen. Elli schaut
Zoey kurz an. Die grinst nur und nickt. Beide springen auf und nehmen
den Jungs den Ball weg. Sie spielen zwei gegen zwei. Nachdem beide
Mannschaften einmal gewonnen und einmal verloren haben, machen sie
gemischte Teams. So viel Spaß hatten Elli und Zoey schon lange nicht
mehr. Auf einmal knallt eine Tür. Elli's Eltern sind zurück und
auch Elli ist wieder zurück im Auto. Traurig schaut sie aus dem
Fenster. Wieder haben ihre Eltern alles kaputt gemacht. Und wieder
fahren sie Stundenlang. Die Bäume fliegen an ihr vorbei.
Verschiedene Farben und Formen von Autos rasen an ihnen vorbei. Alles
ist unfassbar schnell. Der Himmel ist unglaublich blau. So blau war
er schon lange nicht mehr. Es war keine einzige Wolke am Himmel. Wäre
die Stimmung nicht so bedrückend gewesen wäre es fast ein perfekter
Tag gewesen. Die Stundenlange Fahrt macht Elli schwer zu schaffen.
Sie hasste es so lange im Auto zu sitzen. Bei der nächsten Pause
steigt sie kurz aus. Ihre Beine schmerzen. Das letzte mal als sie so
lange gesessen hat, war in der Schule und da waren es 6 Stunden mit
Pausen in denen sie herumlaufen konnte. Daheim war sowieso alles
besser. Hier in dem Auto musste sie in einem Raum mit ihren Eltern
sein. Auch an der Nordsee wird sie nicht wirklich Zeit für sich
selbst haben, da sie mit ihren Eltern in einer Hütte wohnt und die
Zimmer keine Türen haben. Bis auf die Tür im Bad hingen nämlich
überall nur Fadenvorhänge als Türersatz. Und sowieso war alles
total doof. Sie konnte sich nicht mit dem Gedanken anfreunden hier
einige Tage zu bleiben. Sie hasste es hier. Alles war Mist. Daheim
hätte sie ihre Ruhe gehabt und wenn sie diese Ruhe nicht daheim
gefunden hätte wäre sie zum Friedhof gegangen, aber hier, war es
fast unmöglich zu sein. Kaum angekommen, lief sie auch schon zum
Strand. Sie wollte sich den Strand anschauen. Dort sah sie wieder
ganz andere Arten von Menschen. Entspannte Eltern, kleine Kinder die
im Sand spielen und eine Gruppe von Übergewichtigen Menschen. Die
Gruppe schien Sport zu machen. Elli setzte sich in den Sand und
beobachtet das geschehen. Noch immer sangen ihr Casper und Prinz Pi
die Ohren voll. Es war Prinz Pi dran. … folge ein Gefühl das
traurig und süchtig zugleich macht. Der Geruch von dir war meine
Heimat... Sie spürt eine Träne runter laufen. Schnell wischt sie
sie mit dem Ärmel ihres viel zu langen Pullis weg. Wie einfach jedes
Lied perfekt zu ihr passt, dachte sich Elli. Es schien als hätte sie
die Lieder selbst geschrieben. Sie bemerkte nicht, dass während sie
in ihren Gedanken versunken war, ein Junge sich neben sie gesetzt
hatte. Er schaute sie kurz an und versuchte dann auch dahin zu
schauen, wohin sie sah. Elli musste grinsen. Sie nahm ihre Kopfhörer
aus den Ohren und schaute zu dem Jungen rüber. Dieser hatte sich
inzwischen wieder zu ihr gedreht. Er blickt sie an und hält ihr die
Hand hin. ' Ich bin Linus. Darf ich fragen wie du heißt ?' Elli
nimmt seine Hand und schüttelt sie. ' Ich bin Elisabeth, aber alle
nennen mich nur Elli.' 'Freut mich dich kennenzulernen Elli
Elisabeth.' Frech grinst Linus sie an. Elli studiert ihn. Er hat ein
freches, aber freundliches Lächeln. Blaue Augen, in denen sie sich
verlieren könnte. Eine Brille die eigentlich überhaupt nicht zu ihm
passt, aber dann irgendwie doch wieder. Total verwuschelte
Augenbrauen, eine normale Nase und kurze braune Haare, die vorne in
verschiedenen Richtungen abstehen. Ganz oben an der Stirn fast schon
in den Haaren drin hat er einen Leberfleck. Ansonsten ist er schlank
und hat einen guten Klamottenstil. Sie findet ihn total hübsch,
obwohl er eigentlich nichts besonderes hat. Auf einmal begreift Elli.
Sie hat sich soeben in Linus verliebt. Ob man das wohl Liebe auf den
ersten Blick nennt ? Linus steht auf. Er schaut kurz in den Himmel.
'Es wird gleich anfangen zu regnen, du solltest lieber wieder zurück
gehen. Ich gehe nämlich jetzt auch.' Er streckt Elli seine Hand zum
Abschied hin. 'Okay, bis dann', sagt Elli und schüttelt seine Hand.
Linus lächelt sie noch ein letztes mal an und dreht sich dann um.
Langsam beginnt es zu regnen. Erst ein leichter Nieselregen, aber
dann wird der Regen immer stärker. Inzwischen ist auch Wind
dazugekommen. Linus ist längst verschwunden, erst dann macht sie
sich auf den Weg. Sie kommt mitten in das Unwetter hinein.
Klatschnass steht sie wenige Minuten später in ihrem 'neuen' Zimmer.
Sie greift in ihren Koffer und holt sich neue Wäsche und noch zwei
Handtücher. Sie zieht ihre nassen Sachen aus. Schnell reibt sie sich
trocken. In eins der Handtücher wickelt sie ihre Haare. Danach zieht
sie die trockenen Sachen an. Irgendwie will sie gerade nicht alleine
sein. Leise schleicht sie sich zu ihren Eltern. Beide schlafen
bereits. Vorsichtig, um beide nicht zu wecken, legt sie sich neben
ihre Mutter. Diese bemerkt natürlich Elli's Anwesenheit. Vorsichtig
rückt sie ein Stück rüber, damit Elli platz hat. Elli legt sich
hin. Ihre Mutter legt sanft die Decke über sie, dann rückt sie
wieder näher an Elli, legt den Arm um sie und drückt sie sanft. Zum
ersten mal nach Monaten hält sie ihre Tochter im Arm. Es scheint so
unrealistisch, aber sie träumte nicht. Tatsächlich lag Elli neben
ihr. Man hört sie tief ein und aus atmen. Elli ist bereits nach
Sekunden eingeschlafen. In dieser Nacht träumt Elli mal wieder von
Zoey. 'Zoey, Zoey, Zoey!' Aufgeregt stürmt Elli in Zoey's Zimmer.
'Was ist den los Maus?' Lachend begrüßt Zoey ihre stürmische
Freundin. 'Ich muss dir so viel erzählen. Wir waren doch im Urlaub
und ich hab da einen so süßen Jungen kennengelernt, dass glaubst du
nicht.' Elli sitzt total hibbelig auf Zoey's Bett. 'Erzähl mal von
Anfang an. Ich verstehe gar nicht genau, was du von mir willst.'
Beide Mädchen fangen an zu lachen. Langsam beginnt Elli zu erzählen.
' Also meine Eltern und ich sind doch zur Nordsee gefahren und dort
angekommen, bin ich direkt zum Strand. Ich hab mich dort dann
hingesetzt und Musik gehört und auf einmal saß dann Linus, also so
heißt der Junge, neben mir. Er hat mich beobachtet und versucht das
zu sehen, was ich die ganze Zeit angeschaut habe. Ich musste grinsen
und dann hat er mir seine Hand hingehalten und sich vorgestellt.
Zoey, ich glaube das war Liebe auf den ersten Blick. Ein Blick in
seine Augen und in meinem Bauch war ein halber Zoo unterwegs. Klingt
bescheuert ich weiß, aber es hat sich echt so angefühlt. Jedenfalls
haben wir von dem Tag an oft was gemacht und wir waren total traurig
als ich heim fahren musste. Wir haben aber zum Glück Adressen
ausgetauscht und er hat mir versprochen, dass er mir auf jeden Fall
einen Brief schreiben will. Zoey, ich bin so glücklich ich könnte
die Welt umarmen und Bäume ausreißen.' Zoey grinst sie an. ' Süße,
du bist definitiv bis über beide Ohren in diesen Linus verknallt.'
'Ich weiß. Ich hoffe so sehr das bald der erste Brief kommt und das
du ihn auch kennenlernst.' 'Kommt alles mit der Zeit. Vielleicht hat
er ja Lust bei dir Urlaub zu machen vielleicht sogar in deinem Bett.'
Zoey fängt an zu lachen. Sie liegt fast am Boden so sehr lacht sie.
Elli wird rot und fängt ebenfalls an zu lachen. Zu lustig ist die
Vorstellung Linus läge in ihrem Bett. Wenn sie aber ehrlich ist,
wünscht sie sich es auch ein wenig. Noch nie hatte sie für einen
Jungen so viel empfunden wie für Linus. 'Elli wach auf. Elli.'
Jemand rief ihren Namen. Es war aber nicht im Traum. Vorsichtig
öffnet Elli die Augen. Vor ihr steht ihre Mutter. In ihrer Hand hält
sie eine Tasse Kaffee und ein Belegtes Brötchen. Elli will schon
dankend das Brötchen nehmen, als ihre Mutter in das Brötchen beißt
und ihr die Tasse in die Hand drückt. 'Du dachtest doch nicht
wirklich das ich dir mein Brötchen überlasse.' Lachend geht ihre
Mutter wieder aus dem Raum. Vorsichtig nippt Elli an dem Kaffee. Er
ist noch kochend heiß. Schnell stellt Elli die Tasse auf das
Nachtisch und nimmt die Flasche Wasser. Sie trinkt einen kräftigen
Schluck. Dann steigt sie aus dem Bett. Sie geht zum Fenster. Gerade
als sie es öffnen will hört sie ein 'Hallo' von draußen.
Erschrocken hält Elli inne. Vorsichtig hebt sie den Vorhang an. Was
sie dann allerdings vor dem Fenster zu sehen bekommt, ist allerdings
mehr zum lachen, wie zum erschrecken. Dort steht Linus mit einem
fetten Grinsen.
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